Leider gibt es in der Ahnenforschung der Ungarndeutschen noch viel Ungeklärtes. Mangels besseren Wissens werden vielfach unrichtige Angaben übernommen, was nicht sein müsste, da für manche Gemeinden die Herkunftsorte schon geklärt sind. So auch im Falle von Augustin/Agostyán (heute Ortsteil von Totis/Tata). 2004 veröffentlichte Franz Schlepp* ein Buch in Ungarisch über seinen Geburtsort. Da ich selber zur Aufklärung der Heimatorte der Siedler dieses Ortes viel Zeit geopftert habe, war ich gespannt, ob der Autor meine Korrekturen der Ortsangaben von Fatuska und Kaptay übernommen hat.1 Als ich das Buch las, war ich enttäuscht, als ich auf S. 21 die Tabelle über die Ansiedler ab 1733 mit den verballhornten Herkunftsorten und Familiennamen fand, wie sie die Erstbearbeiter der Esterházy-Handschrift publizierten. Und das obwohl ich schon lange vor dem Erscheinungstermin meine Tabelle mit den korrigierten Ortsnamen dem Leiter des Ungarndeutschen Landesmuseums nach Totis schickte… Leider konnte ich auch nicht alle Orts- und Familiennamen restlos klären. Wo dies nicht möglich war, habe ich ein Fragezeichnen gesetzt. Augustin hat 21 Familien aus dem Bistum Würzburg erhalten. Das sind 47,7% von den insgesamt 44 angesiedelten Familien. Die allermeisten von ihnen kamen 1733 an. Namentl ich waren dies: Berend, Johann aus ? Kerbersdorf (heute Bad-Soden-Salmünster); ? Büttner, Johann aus ? Waltersdorf bei Greiz/Thüringen; Eck2, Sebastian aus ? Hanau; Hank oder ? Hauck, Michael aus ? Stettfeld/Unterfranken; Häferer oder Häfner, Kaspar aus Traustadt über Haßfurt; Keb oder ?Geheeb3, Nikolaus aus ? Mariaburghausen; Klein, Johann aus ? Heidenheim über Gunzenhausen / Mittelfranken; Link oder Linckh4, Hans aus Spielhof, Prölsdorf; Lorenz, Valentin aus ? Hart5, Würzburg; Melber6, Johann aus ? Ebern; Merklein, Lorenz aus ?; Metzger, Kaspar aus Ramsthal; Natz, Bernhard aus Redlhof oder ? Rödelmaier7; Packardt, Thomas aus ? Hainstadt über Hanau; Retzer, Johann aus ?; Rittinger, Peter aus ? Schönau; ? Patz8, Andreas aus ? Bösenbechhofen; Schuffert , Hans aus ? Pusselsheim über Schweinfurt (heute Donnersdorf); Sedelmaier, Kaspar aus Wülfingen über Haßfurt; Wiest, Balthasar aus Eßlingen über Treuchtlingen (heute Solnhofen); Wolz9, Dietrich aus Estenfeld; Ziegler, Johann aus ? Königheim (westlich von Tauberbischofsheim). Aus dem Bistum Bamberg gekommen: Hans Antretter10 (1734) und Andreas Antretter (1735) aus Falsbrunn (heute: Theinheim-Falsbrunn > [96181] Rauhenebrach). Aus dem gleichen Ort kam Hans Bayer11 (1734). Kaspar Baier (1733) stammte wahrscheinlich aus [96157] Eberau12 (über Bamberg). Georg Donnert (1733) machte sich aus [96138] Burgebrach (über Bamberg) auf den Weg. Johann Freund13 (1733) kam vermutlich aus Erlbach (> [91578] Leutershausen/Mittelfranken). Aus Reckendorf (über Bamberg) dagegen war Johann Häusner (1733). Thomas Neumann14 (1733) hingegen kam aus der Stadt Forchheim/Oberfranken. Zetes, Johann (1733) schließlich zog aus Kirchaich (> 97514 Oberaurach) nach Augustin. Von den insgesamt 44 in Augustin angesiedelten Familien waren 9 – also ein Fünftel – aus dem Bistum Bamberg. Aus dem heutigen Rheinland-Pfalz kamen laut Esterházy-Dokument nur zwei Siedlerfamilien: Großmann, Paul (1733) aus ? Ahlbach bei Flammersfeld zw. Altenkirchen u. Neustadt/Westerwald; Katzer, Wolfgang (1733) aus ? Ritz, Pfalz.
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1 Ansiedlung von deutschen Siedlern in 7 Dörfern der Esterházys rund um die Kreisstadt Tata/Totis*** 2 Noch heute leben acht Familien gleichen Namens in Totis und Augustin. 3 Ist wahrscheinlich mit Keb gleichzusetzen. Nach Prenzinger** (S. 68) wanderte N. Geheeb 1737 aus Mariaburghausen (?) aus. Er hatte 60 fl. bei sich. Aus Keb bzw. Geheeb wurde Kép (ung. Bild). Nachkommen leben in Tarian. 4 Ling ist vermutlich mit Linckh identisch, da die Herkunftsorte ,Presdorf‘ und Prölsdorf gleich sein dürften. Nur die Ansiedlungsjahre stimmen nicht überein: Nach Prenzinger (S. 140) siedelte Linckh 1738 mit 30 fl. nach St. Augustin um. 5 Den ON Hart gibt es im betreffenden Gebiet nicht. Ihn gibt es einmal nördl. von Waldkraiburg/Bayern und einmal nördl. von Dresden. 6 In Ebern lebt heute noch eine Familie mit dem FN Melber. 7 In Unterfranken gibt es heute keinen ON Red(e)lhof oder Rödelhof. Vermutlich handelt es sich hierbei um den ON Rödelmaier. 8 Er ist nach Pfrenzinger (S. 98) 1737 aus Bösenbechhofen nach Ungarn ausgewandert. Obwohl die Jahreszahlen und Herkunftsorte nicht übereinstimmen, könnte es sich doch um die gleiche Person handeln. 9 Heute kommt der FN Wolz in Estenfeld östlich Würzburgs noch 53-mal vor! Vermutlich wurde später Walz daraus. Heute ist dieser FN – als Walcz geschrieben – in Tata und Tatabánya noch je 7-mal anzutreffen. 10 Auf S. 52 ist die Auswanderung von Andreas und Hans Antretter aus Falsbrunn nach St. Augustin im Jahre 1738 vermerkt. Der erstere hatte ein Vermögen von 50 fl. (Florin), der zweite von 50 + 31 fl. In beiden Fällen stimmt die Jahreszahl der Ansiedlung mit der in dem Esterházy-Dokument nicht überein. Der Zusatz Sankt (St.) vor Augustin ist auch ungewöhnlich, kann aber auf das benachbarte Szentmiklós (dt. St. Nikolaus > volkstümlich Niklo) zurückzuführen sein. Die Nachkommen der Antretters leben heute noch im 15 km entfernten Dorf Tarján/Tarian (s. Treszl, Anton, Tarian – Ein ungarndeutsches Dorf und seine Umgebung – Tarján – Egy magyarországi német falu és környéke, Tarján, 1998, 328 S/o., S. 145–157 und 277–290). 11 Hans Bayer ist laut Pfrenzinger, S. 56, 1736 aus Theinheim-Falsbrunn nach St. Augustin ausgewandert. Sein Vermögen betrug 49 + 25 fl. 12 Eberau gehört heute zu 96157 Ebrach/Oberfranken. 13 In Leutershausen gibt es heute noch drei Familien mit dem Namen Freund. In Tatabánya sind es sieben. 14 In Forchheim/Oberfranken leben heute noch 13 Familien mit dem Namen Neumann.
Literatur: * Schlepp Ferenc, Agostyán község története 1733–2004-ig, Agostyán, 2004, 217 o. ** Pfrenzinger, Alfons, Die mainfränkische Auswanderung nach Ungarn und die österreichischen Erbländern im 18. Jahrhundert, Wien, 1941, Nachdruck: Wilfried Melchior Verlag, Vaihingen/Enz, 1984, 193 S. *** Fatuska, János und Kaptay, György: Auswertung des handschriftlichen Esterházy-Dokuments aus dem Jahre 1737 (MOL = Ungarisches Staatsarchiv, Budapest) über die Ansiedlung von deutschen Siedlern in 7 Dörfern der Esterházys rund um die Kreisstadt Tata/Totis in Ungarn (ungarisch) [in: Limes, Nr. '99/2, S. 43-52, Tatabánya 1999/1]
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