25.04.2009


24.04.2009
10.09.2008

Erstes Biographielexikon der Ungarndeutschen


Kényszerkitelepítés Szászországba

Neue Zeitung, 16. Aug. 2002 und Unsere Post, Oktober 2002, S. 19

 

Vor 55 Jahren: Ungarndeutsche wurden nach Sachsen vertrieben

 

Im Jahr 1941 lebten auf dem heutigen Staatsgebiet von Ungarn über 400 000 Deutsche. Etwa die Hälfte von ihnen mußte nach dem Krieg ihre Heimat verlassen. Aufnahmegebiet für die Vertriebenen aus Ungarn war zunächst der amerikanisch besetzte Teil von Deutschland, wo im Laufe des Jahres 1946 150 000 Ausgewiesene eintrafen. Vor 55 Jahren, im August 1947, begannen die ungarischen Behörden damit, Deutsche gewaltsam in die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) auszusiedeln. Der erste Güterzug mit ungamdeutschen Vertriebenen traf am 22. August 1947 im sächsischen Pima ein und wurde dort in das Aufnahmelager „Graue Kaserne" geleitet. In dem Transport, der vier Tage unterwegs gewesen war, befanden sich l 431 Personen: 477 Männer, 731 Frauen und 223 Kinder. Eine 60jährige Frau erlitt unmittelbar nach der Ankunft einen Herzinfarkt und verstarb im Lagerrevier. In der „Grauen Kaserne" mußten die aus vertriebenen Ungarndeutsche eine vierzehntägige Quarantänezeit verbringen. Während dieser Zeit wurden sie nach ihren politischen Überzeugungen befragt und es wurde untersucht, inwieweit sie „arbeitstauglich" waren. 

Besonderes Interesse bestand daran, aus der Gruppe die „bergtauglichen" Männer zu ermitteln. Für die Ausgesie-delten war es manchmal schwierig, sich mit dem deutschen Lagerpersonal zu verständigen. Die meisten von ihnen beherrschten nicht die Hochsprache, sondern gebrauchten altertümliche oberdeutsche Dialekte oder sie bedienten sich der ungarischen Sprache. Obwohl sie als Deutsche vertrieben worden waren, betrachteten sich viele als loyale Ungarn und erklärten: „Azért mi mégis magyarok maradunk (Trotzdem bleiben wir Ungarn)." Dem ersten Transport mit Ungarndeutschen folgten bis zum 13. Juni 1948 32 weitere. Innerhalb von zehn Monaten wurden 49306 Deutsche aus dem Donaubecken in die SBZ abgeschoben; davon kamen 46324 nach Sachsen und 2 982 nach Sachsen-Anhalt. Ein großer Teil der nach Sachsen ausgewiesenen Ungarndeutschen wurde in den Uranbergbaugebieten im Vogtland und Erzgebirge angesiedelt. Die anderen fanden überwiegend Aufnahme in den Kreisen Meißen und Pima sowie in der Oberlausitz und im Umland von Leipzig.

Peter Bien